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< 25 Jahre AbiBac am MSG
12.06.2025

Kreatives Schreiben zu „Herkunft“ von Saša Stanišić

Texte aus einem Deutschkurs der Oberstufe


 

Nach der Behandlung des Romans „Herkunft“ blieb das Gefühl, sich noch ein wenig aufhalten zu wollen (Und der Deutsch-Lehrer wollte auch noch eine Note…). Warum nicht einmal die Schreibwut ausrufen? Worüber kann man denn nach und mit diesem Roman wüten?

Der Roman „Herkunft“ von Stanišić lässt sich nicht auf Integrationsliteratur, auf ein Werk über einen Flüchtling vor den Jugoslawienkriegen der 90er, reduzieren. Da wird „Herkunft“ gern hingestellt. Aber das Buch kann mehr. Ist es doch ein Werk über die Suche aller Menschen - nach dem, was sie ausmacht. Ein Buch über die Drachen, die uns herausfordern, und ein Liebesbeweis des Enkels, der die Herkunft, die Erinnerungen seiner demenzkranken Großmutter therapeutisch wiederaufleben lässt. Er gibt ihr und sich ein Gefühl für das, was war, ist und eventuell sein wird. Denn in einer an Strategiespiele angelehnten Erzähltechnik schafft der Autor es mühelos, ein fast märchenhaftes Bosnien mit Jugoslawienkrieg und Ankommen in Deutschland zu verbinden. Und so gibt es das Bergdorf mit dem Speierling, dem Oskoruša, einen Berg mit Drachen, Orte der Geschichtsverdrängung wie Visegrád, eine Araltankstelle oberhalb von Heidelberg und den in Hamburg am Schreibtisch sitzenden Autor gleichzeitig und nebeneinander. 

Die Besuche im Bergdorf Oskoruša bilden den geheimen Drehpunkt des Romans. Es gibt diese Besuche immer wieder mit anderem Inventar und neuer Besetzung. Und da Stanisic uns mit seinem Romanende – dem Drachenhort – so kreativ einlädt, uns selbst in einem Textlabyrinth ein Ende zu suchen, erschien uns auch die Idee nur logisch, selbst einen neuen Oskoruša-Besuch zu erfinden. Die losen Fäden sollten aufgegriffen werden, der Ton von Stanišić sollte getroffen werden und ansonsten gab es keine Grenzen. Hier können die 13 Schülertexte gelesen werden, die uns in ein Umzugschaos, in poetische Vielleicht-Texte, in Vater-Sohn-Beziehungen, Drachenbekämpfungen, Landschaften mit Schafen, Schlangen, Esel und Katze, die fast menschlich wirken, und nach Oskoruša führen, das Friedhof, Ruine, Touristenhotspot und Familiengemälde gleichzeitig ist. Und da wächst der Oskoruša wieder, eigentlich ein schnöder Speierling. Er ist hier aber viel mehr geworden. 

Dirk Tews / Für den Deutsch-Grundkurs 12